Arbeitsgericht Göttingen - Busfahrer verklagen RBB
Pressemitteilung 02/19
Die beiden Kläger sind bei der RBB Regionalbus Braunschweig GmbH als Busfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die mit der Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft EVG geschlossenen Haustarifverträge Anwendung.
Nach dem Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (Tariftreuegesetz) dürfen öffentliche Aufträge im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs nur an Unternehmen vergeben werden, die bei Angebotsabgabe schriftlich erklären, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Ausführung des Auftrags mindestens das in dem Tarifvertrag Niedersachsen (TV-N) vorgesehene Entgelt unter den dort jeweils vorgesehenen Bedingungen zu zahlen.
Bei dem TV-N handelt es sich um einen zwischen ver.di und dem Kommunalen Arbeitgeberverband abgeschlossenen Flächentarifvertrag. In dem Tarifvertrag wird unter anderem geregelt, dass die dienst- und fahrplanbedingten Wendezeiten ebenfalls zu vergüten sind. Sodann enthält der TV-N einen Passus, wonach „betrieblich abweichende Regelungen vereinbart werden können“.
Um sich weiterhin an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, hat die Beklagte im Jahr 2018 mit dem örtlichen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung einer übertariflichen Zulage auf TV-N Dienste abgeschlossen. Danach erhalten die auf einem „TV-N Dienst“ eingesetzten Busfahrer eine „übertarifliche Zulage“. Bei der Berechnung der Zulage werden indes nur die tatsächlichen Lenkzeiten berücksichtigt. Für die „unproduktiven Zeiten“ wird lediglich eine Pauschale von 5 Minuten für jeden Kalendertag in Ansatz gebracht.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die unterbliebene Berücksichtigung der fahrplanbedingten Fahrtzeitunterbrechungen bzw. der Wendezeiten gegen die Vorgaben des Tariftreuegesetzes verstoße. Die mit dem Betriebsrat vereinbarte 5-Minuten-Pauschale gehe an der Betriebswirklichkeit vorbei. Die Betriebsvereinbarung sei auch deshalb unwirksam, weil sie Regelungen über das Entgelt der Arbeitnehmer treffe, was allein den Tarifvertragsparteien vorbehalten sei.
Die Beklagte macht geltend, dass auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Busfahrer nun einmal die mit der EGV vereinbarten Haus- und nicht der mit ver.di vereinbarten Flächentarifvertrag Anwendung findet. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass der TV-N im Hinblick auf die Rüst- und Wendezeiten auf betrieblicher Ebene eine abweichende Regelung ausdrücklich erlaube. Dem Tariftreuegesetz sei dementsprechend Genüge getan.
Nach den Berechnungen der Kläger beträgt die monatliche Vergütungsdifferenz mehrere hundert Euro.
Der Termin zur Kammerverhandlung beim Arbeitsgericht Göttingen findet am 19.11.2019 um 10:00 Uhr statt.
Aktenzeichen:
1 Ca 257/19 und 1 Ca 258/19
Vorsitzende Richterin:
Richterin am Arbeitsgericht Diana Lutterodt
Prozessbevollmächtige der Kläger:
DGB Rechtsschutz GmbH, Göttingen
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erstellt am:
13.11.2019