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erstellt am:
29.10.2025
Im Werk von Musashi in Hann. Münden gab es Streit wegen der Durchführung einer (außerordentlichen) Betriebsversammlung.
Die Musashi Group ist ein international tätiger Automobilzulieferer mit Hauptsitz in Japan. In Deutschland betreibt das Unternehmen durch die Muttergesellschaft Musashi Europe GmbH mehrere Werke, unter anderem in Leinefelde (Thüringen), Hann. Münden und Lüchow (Niedersachsen) sowie in Bad Sobernheim, Bockenau und Grolsheim (Rheinland-Pfalz). Das Unternehmen produziert vorrangig Schmiedeteile im Bereich klassischer Getriebe- und Antriebskomponenten für die Automobilindustrie.
Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat im Juni 2025 mit, dass im Zusammenhang von konzernweiten Umstrukturierungsmaßnahmen auch das Werk in Hann. Münden reorganisiert und (sodann) geschlossen werden solle. Gleichzeitig hat sie den Betriebsrat aufgefordert, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan aufzunehmen. Die Verhandlungen blieben bisher ohne Erfolg.
Wegen der geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen kam es bundesweit zu Protesten der IG-Metall. Die IG-Metall warf dem Konzern vor, dass die Maßnahmen gegen einen Sanierungs-Tarifvertrag aus dem Jahr 2018 verstoße und organisierte mehrere Warnstreiks an verschiedenen Standorten. Musashi unternahm darauf den Versuch, die Warnstreiks durch eine einstweilige Verfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main untersagen zu lassen. In dem Verfahren in Frankfurt schlossen Musashi und die IG-Metall einen Vergleich. Danach hat sich die Gewerkschaft bis zum 22.11.2025 verpflichtet, keine weiteren Warnstreiks durchzuführen. Bis dahin soll über den Abschluss eines neuen bzw. die Änderung der bereits bestehenden Sanierungstarifverträge verhandelt werden (Friedenspflicht).
Am 17.10.2025 lud der örtliche Betriebsrat aus Hann. Münden die dort beschäftigten Mitarbeiter zu einer Betriebsversammlung ein. Die Betriebsversammlung sollte nach den Vorstellungen des Betriebsrates am Mittwoch, den 29.10.2025, stattfinden und mehrere Stunden dauern.
Die Arbeitgeberin hielt das Vorgehen für unzulässig und hat am Montag, den 27.10.2025, beim Arbeitsgericht Göttingen den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Arbeitgeberin hat den Antrag damit begründet, dass es sich um eine (zusätzliche) „außerordentliche“ Betriebsversammlung handele, die nach dem Gesetz nur aus besonderen Gründen anberaumt werden dürfe. Dem Betriebsrat gehe es ausschließlich darum, wirtschaftlichen Druck auf die Arbeitgeberin auszuüben. Der Ausfall mehrerer Schichten infolge der mehrstündig geplanten Betriebsversammlung führe zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden für sie und ihre Geschäftspartner. Dabei sei auch zu beachten, dass derzeit keine Warnstreiks durchgeführt werden dürften.
Das Arbeitsgericht Göttingen hat dem Antrag des Arbeitgebers zunächst stattgegeben und dem Betriebsrat die Durchführung einer außerordentlichen Betriebsversammlung untersagt. Der Betriebsrathat hiergeben Widerspruch eingereicht, woraufhin das Arbeitsgericht für Dienstagnachmittag eine mündliche Verhandlung anberaumt hat.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Sachverhalt gemeinsam erörtert. Der Betriebsrat hat dabei vorgetragen, dass am 29.10.2025 keine „außerordentliche“, sondern nur eine „ordentliche“ Betriebsversammlung im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stattfinden solle. Zutreffend sei lediglich, dass ursprünglich für den 02.12.2025 ein Termin für eine weitere Betriebsversammlung mit der Arbeitgeberin abgestimmt gewesen sei, deren Stattfinden jedoch noch nicht beschlossen sei. Der Termin im Dezember sei – so der Betriebsrat – mittlerweile nicht mehr erforderlich, da zu spät, so dass „im Moment nur noch eine Betriebsversammlung für das 4. Quartal vorgesehen sei“.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Göttingen haben sich die Betriebsparteien darauf verständigt, dass am Mittwoch, den 29.10.2025, nunmehr doch eine „ordentliche Betriebsversammlung“ stattfinden darf. Die Versammlung soll einschließlich einer IG-Metall-Mitgliederversammlung kürzer dauern, nämlich von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr, damit die Spätschicht regulär stattfinden kann. Wenn der Betriebsrat im 4. Quartal eine weitere „außerordentliche Betriebsversammlung“ für erforderlich halten sollte, wird er die Arbeitgeberin hierüber frühzeitig vorher schriftlich informieren und die Auswirkungen auf den Schichtbetrieb möglichst minimieren.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen. Zusätzliche (außerordentliche) Betriebsversammlungen sind hingegen nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig.
Das Verfahren wurde vor dem Arbeitsgericht Göttingen unter dem Aktenzeichen 4 BVGa 4/25.
Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin:
Watson Farley & Williams LLP, Hamburg
Verfahrensbevollmächtige des Betriebsrates:
Rechtsanwälte Schwegler, BerlinArtikel-Informationen
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29.10.2025